Einleitung
Meine Geschichte mit der BC ist schon etwas lĂ€nger, obwohl ich dieses Jahr als Novize dabei sein durfte. Die AusfĂŒhrliche Fassung ist in meiner Bewerbung zur BC14 zu lesen, die ich irgendwann auch mal hier her stellen werde. Die Kurzfassung? Ich fing mit Laufen an im Januar 2010, als mich die Speckröllchen anfingen in meiner Beweglichkeit einzuschrĂ€nken. Der Anfang war mies, aber nach einem halben Jahr find die Sache an Spass zu machen, es tat auch nach 30 Minuten nichts weh, ich genoss das Alleinsein im dunklen Wald, die Bewegung, den Wind um die Nase. Und dass ich langsam wieder auf die Masse vor meinen kumulierten SolidaritĂ€tsschwangerschaftsbĂ€uchen schrumpfte, war natĂŒrlich ein grosser Motivator. Mit dem Spiel, keinen Weg komplett zweimal zu laufen, habe ich nach und nach den ganzen Göttinger Wald erkundet, und natĂŒrlich wurden die Runden dabei auch nach und nach lĂ€nger. Hannes ĂŒberredete mich, beim Harz-Gebirgslauf den Halbmarathon mitzulaufen. VerĂŒckt, aber wir machten es und es war super. Aber eben nicht das richtige Ding. Ich wollte oben rĂŒber, nahm mir fĂŒr den Herbst 2013 den Brocken vor. Daraufhin hat mir Bernhard sehr gut zugeredet, dass ich fĂŒr einen Marathon schon ordentlich strukturiert trainieren sollte. Da habe ich erstmals ĂŒber ‘Training’ beim Laufen nachgedacht. Ja natĂŒrlich wusste ich aus meiner Schwimmerzeit ein bisschen was ĂŒber Trainingslehre, habe ich mich aber da weitestgehend rausgehalten, da gabs ja nen Trainer fĂŒr. Hier nicht. Ein relativ generischer 4h-Marathon-Plan hat mich dann ĂŒber den Sommer gebracht, und vor allem, an die langen TrainingslĂ€ufe rangebracht. Bernhard meinte mal: Na, du hast ja auch noch nicht die wöchentlichen 2-3h LĂ€ufe in den Knochen. Hielt ich fĂŒr einen Witz und ein Ding der Unmöglichkeit. SĂŒss. Mit den langen LĂ€ufen kam die Frage nach Essen und Trinken unterwegs, und es fing an an mir zu nagen: Wie weit kann ich eigentlich laufen, bis es wirklich nicht mehr weitergeht? Ich wollte es ausprobieren, immer in eine Richtung, immer weiter, bis wirklich Schluss war. Und dann? Ich kann ja kaum Wechselsachen mitschleppen. Und mich mit meinem verschwitzten Zeug in nen Bus zu setzen, wollte ich auch nicht. Irgendwie habe ich mich in der Phase an ein typisches GesprĂ€ch mit meinem Mitbewohner Till erinnert, das muss so 2004 gewesen sein. Er erzĂ€hlte von Leuten, die tatsĂ€chlich von Göttingen zum Brocken liefen. In seiner Variante war noch pro Zweiterteam ein Fahrrad dabei. Nach einer kurzen Recherche im Netz war fĂŒr mich die Idee geboren: Da lauf ich mit. Es gibt regelmĂ€ssig Essen und Trinken, und wenn ich an einem der VPs aussteige, können die mich sicher auch wieder mit nach Göttingen nehmen. Meine Vorstellung war, dass das so bei 50km der Fall sein wird. Dann habe ich den NDR-Film geschaut, und war angefixt. Da kann ich doch unmöglich zwischendrin aufhören. Das wird ja immer schöner zum Ende hin. Also ging das lesen los: Was ist das ‘Ultrarunning’? Nunja, ich bin ein Mensch, der erstmal die Bedienungsanleitung liest, bevor er den Stecker in die Steckdose steckt. So auch hier. Es gibt glĂŒcklicherweise einen immensen Schatz an Wissen im Netz, so dass ich mir die trainingsfreien Tage (die gabs in dem Marathon-Plan) gut vertreiben konnte. Dann kam der Tag, der Marathon ĂŒbern Brocken. Und es ging dermassen gut, hatte viel Freude gemacht, und ich war nicht völlig zerstört. Wahnsinn! Da war klar, ich will 2014 die BC mitlaufen. Und wenn ich die letzten 30k wandere, egal! Also, Bewerbung geschrieben (genaugenommen habe ich meine sportlichen wie mentalen Hochs und Tiefs eines halben Jahres zusammengeschrieben, ich glaube nicht, dass Aschu das jemals von vorne bis hinten gelesen hat), und siehe da, ich wurd genommen! Au weiha. Ich hatte den Trainingsplan einfach weitergefĂŒhrt, also das Rampenschema fĂŒr die langen LĂ€ufe ĂŒber den Marathon raus extrapoliert, und bin so Ende 2013 fast jedes Wochenende ĂŒber 40k am StĂŒck gelaufen. Ich fĂŒhlte mich sehr gut vorbereitet. (Von der Theorie und der AusrĂŒstung ganz zu schweigen, die war natĂŒrlich perfekt;-) ). Dann kam die Katastrophe. Die Geschichte steht woanders. Die Quintessenz ist, dass ich 10 Tage vor der BC ins Krankenhaus zu einer spontan-Op musste, Hodenkrebsverdacht. Ich war ausser mir. In einer spontanen Aktion habe ich die OP zwei Wochen nach hinten gelegt. Ein verdadderter Auszubildender auf der Station hat sich von mir breitschlagen lassen. So viel Gegenwind habe ich selten fĂŒr meine nicht immer kluge Entscheidungen geerntet. Nachdem ich einen Tag von allen Seiten mĂŒrbe geklopft worden war, habe ich reumĂŒtig im Krankenhaus angerufen, und die Stationschefin drangehabt: “Herr Degering? Ah, na Sie hĂ€tte ich heute auch noch angerufen!” Hrm. Also war mein Traum geplatzt. Ich kam unters Messer, obwohl ich mir die Wahrscheinlichkeiten so zurecht gelegt hatte, dass das völlig ĂŒbertrieben war. Nunja. Das Ergebnis hat dann aber doch das Vorgehen bestĂ€tigt. Es war Krebs, aber noch so frĂŒh, dass er ziemlich sicher nicht gestreut hat. Chemo höchstens zum Spass. Na, dann besser nicht! Die BC habe ich dann so gut es ging mitgenommen, beim Briefing geholfen, und mit Tom zum Start getigert. Aber ich war immer noch sehr sauer ĂŒber das Schicksal. Zwei Wochen!
Mit der Bauchnarbe musste ich natĂŒrlich eine Zeit aussetzen, und wie das so ist, FrĂŒhling und so, habe ich mir beim Anfangen gleich einen Muskelfaserriss in der Wade zugezogen. Na super, nochmal 3 Wochen Auszeit. In der Phase habe ich dann von Maffetone-Training gelesen. Das klang nicht spassig, aber es schien einen Versuch wert zu sein. Vor allem wĂŒrde das Rumschleichen dazu fĂŒhren, dass ich nicht zu stark wieder loslege. Es macht wirklich keinen Spass. Mein Puls ist beim kleinsten Berg deutlich ĂŒber den erlaubten 145, und ich tippel mich genervt durch den Sommerwald. Ich will rennen! Aber nein, ich wollte das durchziehen, mindestens sechs Wochen. Ein weiterer Denkanstoss kam von den Streakern, bzw. den Leuten auf der Ultra-Liste, die sich immer mal wieder zu einem Monat verabredeten, wo sie jeden Tag laufen. Und wo bleibt die Regeneration, frage ich? Aber nach den Maffetone-Einheiten hĂ€tte ich gleich weitermachen können. Muskelkater? Erschöpfung? Nee, nur eine ordentliche Gereiztheit, wenn mich mal wieder die Schnecken im Wald ausgelacht haben. Mit dem Muskelfaserriss fiel mein nĂ€chster Ultraversuch flach: Ich wĂ€re gerne um den Elm gelaufen. Aber auch das blieb mir verwehrt. In einer Verzweiflungstat habe ich dann den 24 Stunden Lauf in RĂŒningen ins Auge gefasst. OK, wenn mein Ziel ist, 24 Stunden durchzuhalten, dann ist das langsame Tippeln vielleicht genau das richtige Training. Das hielt mich auch nach den sechs Wochen bei der Stange. Ăber die Zeit ist mein Tempo trotz niedrigem Puls etwas flotter geworden (die Schnecken staunen jetzt wieder) und nach RĂŒningen, was ein voller Erfolg war, aber das steht auch an anderer Stelle, habe ich das ‘immer’ unter Puls 145 etwas aufgeweicht, und laufe mehr nach GefĂŒhl. Was aber geblieben ist, ist eine hervorragende SensibilitĂ€t fĂŒr die Schwelle, ab wann ich ins anaerobe wechsele. HĂ€tt ich nicht gedacht.
Dann kam die nĂ€chste Ausgabe des Brocken-Marathons. Ich hatte Grosses vor. Schliesslich hatten mir veschiedene Race-time-predictors einen Marathon von 3:30 prophezeit. Im Flachen natĂŒrlich, aber meine 3:50 von 2013 sollte locker zu knacken sein. Pustekuchen. Völlige SelbstĂŒberschĂ€tzung und meine hohen Erwartungen haben mir das Rennen völlig versaut. Die ersten 8k waren viel zu schnell, bis oben hatte ich dann den Split von 2013, und danach ging das Sterben los. An Ende 4:02. Au weh! Das hat mich ziemlich geschockt. Einen Teil davon schob ich aufs Training. Es fehlten die ganzen Tempo- und Intervalleinheiten des letzten Jahres. Aber der Grossteil war schon meine eigene Doofheit. Mist.
GlĂŒcklicherweise hatte ich genĂŒgend Zeit bis zum Februar, um mich selber ordentlich zu bearbeiten, jegliche Erwartungen an eine Zielzeit fĂŒr die BC fallenzulassen, und mir fest vorzunehmen, so lange es möglich ist, Spass zu haben. Zum Anfang Dezember lief die Hengstbergchallenge aus, so dass ich da meine LĂ€ufe ein gutes StĂŒck lĂ€nger machte, als ĂŒblich, immer mal wieder ein Kreuzchen abholen. Dabei habe ich dann auch recht lange eine schmerzende Stelle am rechten Wadenbein, direkt ĂŒberm Knöchel, ignoriert. Beim Laufen ging es, aber die Stelle war extrem berĂŒhrungsempfindlich, und ich hatte Angst vor einem ErmĂŒdungsbruch. Durch ne blöde Schonhaltung habe ich mir dann auch noch den Zorn meiner Sehnen auf dem Spann auf mich gezogen. Nicht jetzt, nicht schon wieder! Nach der HBC habe ich dann erst versucht dem Trainingsumfang zu reduzieren, und als das nicht half, eine ganze Woche auszusetzen. Manno! Danach gewohnt, langsam wieder loslegen, bloss nicht zu dolle. Der Knöchel war nur bedingt besser, aber es wurde auch nicht schlechter. Und gegen Weihnachten dann die ersten LĂ€ufe, wo ich ihn vergessen konnte. SpĂ€ter, im Januar dann war die Sache irgendwie vorbei, Ich hatte Ruhe da unten. Uffa! Anfang des Jahres kam ich dann noch auf die Idee, einen weiteren Faktor anzugehen, dem ich meine miese Zeit beim Brocken-Marathon zuschreibe: 2014 war ich 2-3kg schwerer als 2013. Also, wenig Essen, weiterlaufen, weiter laufen. Das ging gut, die Bioprenschicht schmolz, und die km addierten sich. Als ich absehen konnte, dass ich ungefĂ€hr 10k im Schnitt pro Tag schaffte, war die Idee geboren, den Januar mal als meinen ersten 200 Meilen Monat anzupeilen. Eine weitere magische Grösse, die ich auf der Ultra-Liste aufgeschnappt habe. Das war zwischendurch nicht einfach, zumal das Neujahrsturnier dazwischen lag und mich drei Tage rausgehauen hat. Aber ich habe es wieder aufgeholt, und dabei mein Hengstberg-Konto fĂŒr 2015 gefĂŒllt;-) Das fĂŒhlte sich wirklich nach einem ordntlichen Sprung an. Ein halbes Jahr eher war 90 Minuten die Grenze wo ich Essen und Trinken brauchte, und ein ziemliches Energieloch durchlaufen musste. Jetzt, Ende Januar? 2:10 ohne GepĂ€ck, glĂŒcklich durch die Gegend gelaufen, und noch nicht mal den sonst so ĂŒbermannenden Durst, wenn ich wieder zu Hause war. Faszinierend!
Hauptteil
Ja, dann begann die Ernstphase. Vorbereitung fĂŒr die BC. Erste Frage: Wie tapern? Meine Antwort: Mal schauen. Erstmal weitermachen. In der Woche davor habe ich dann bewusst auf den Hengstberg verzichtet, und bin so auf die 20-40% Reduktion des Umfangs gekommen. Ausserdem habe ich mir MĂŒhe gegeben, jede Nacht ne Stunde mehr zu schlafen als ĂŒblich. Hat nicht immer geklappt, aber es war schon mehr Schlaf als ich mir normalerweise gestatte. Zweiter Punkt: Don’t be stupid. Ich bin nur noch mit Lampe gelaufen, um nicht noch blöd irgendwo umzuknicken. Das hat geklappt, aber ich konnte mich nicht erwehren mit den Kindern fangen zu spielen, was gleich mal wieder meinen Knöchel auf den Plan gebracht hat. GlĂŒcklicherweise aber nur als kurze Erinnerung. Das wĂ€r beinahe schiefgegangen. Dritter Punkt: AusrĂŒstung: Mann, was habe ich in der Woche vor der BC meine f5-Taste maltraitiert. Die Wettervorhersage schwankte stĂŒndlich, und damit auch meine AusrĂŒstungsliste. Das hat mir einige Nerven gekostet.
Ulkigerweise hat sich am Donnerstag dann eine enorme Ruhe bei mir breit gemacht. Vorher war ich auf dem Weg zum Nervenwrack, aber irgendwann switchte der Schalte um, und ich konnte fröhlich auf die BC schauen, ohne in Panik zu verfallen. Wo auch immer das herkam.
Am Ende der Woche war die Wetterprognose so positiv, dass ich in einen Haufen Sachen zu Hause lassen konnte. Das habe ich auch hinbekommen. Das BC-Wochenende war sonst perfekt geplant, die Kinder bei meinen Eltern untergebracht. Leider kam dann doch der Downer, dass Micha krank war, und daher der SpineRace-Vortrag ausfallen musste. Schade, auf den abend im Reinshof hatte ich mich schon sehr gefreut, der war letztes Jahr einmalig gut. Aber ohne Vortrag war meine Motivation dahin, und ich musste mir selber ein Pre-Race Meal machen.
Das Briefing war klasse, die Stimmung enorm, ich habe mit vielen Leuten gequatscht, einige Gesichter zu fb-Accounts kennengelernt. Mein Job am GetrĂ€nkeverkauf war ziemlich easy, da dort ein gewissenhafter SchĂŒler des HG stand, und ich in Ruhe meine Startunterlagen abholen und den Kleiderbeutel abgeben konnte. Im Hörsaal war eine sehr gemĂŒtliche AthmosphĂ€re. Die habe ich in vollen ZĂŒgen genossen. Markus Rede zur Freude hat mich noch einmal ordentlich bestĂ€rkt in meinem Entschluss, Samstag nichts zu forcieren, sondern mir viel Zeit zum Essen und Trinken zu lassen, zum Schauen, und in-mich-hineinfĂŒhlen.
Abends zu Hause war ich unheimlich mĂŒde. Schnell noch Carboloading a la Aschu: Hirse, GemĂŒse (weisse Bohnen in Tomatensauce, Möhrchen und ganz wichtig: Rote Beete), Olivenöl und viel Knofi. Lecker, aber schon ein Block im Magen, Ohje. Tee vorkochen, dass der morgens nicht so heiss ist. Schnell noch die Sachen fĂŒr den Lauf zurechtgelegt. Da fehlte noch ne Pinzette im Notfallset, das warme Unterhemd wieder raus aus dem Rucksack, Oh, Ausweis wollte ich ja noch mitnehmen, falls sie mich irgendwo im Graben finden. Dann um 22:00 falle ich ins Bett und schlafe wie ein Baby.
Am nĂ€chsten Morgen gibts dann den Tee, ein Cashewriegel, Banane, Apfel und noch eine rote Beete mit Salz. Ausgewogenes FrĂŒhstĂŒck, viel Kraft fĂŒr den Tag. Nee, im Ernst, das ist leicht genug, und die Kohlehydratspeicher sollten eh voll sein. Nur das mit dem Klo sollte nicht so hinhauen, wie ich gehofft hatte. Der Klumpen von gestern abend soll doch noch raus. Dann halt irgendwann im Wald. Geht ja auch. Jetzt rein in die Klamotten. Wo war noch gleich das schwarze Langarmunterhemd? Argh! Ah, doch da. Kurz vorm losgehen höre ich es oben rumpeln, und Ilka steht auf. Da sie eh wach ist, will sie mich zum Start begleiten. Cool! Zu zweit stapfen wir dann also um kurz nach fĂŒnf die zwei km von Herberhausen zum Kehr. Leider bin ich nicht schnell genug im Kopf, dass ich Ilka ja diverse warme Jacken wieder mit runter geben kann. So friere ich ordentlich auf dem Weg nach oben. Schneller Schritt und das wird besser, nur Ilka fĂ€ngt an zu schnaufen. Upsa.
Im alten Tanzsaal dann eine schöne Ăberraschung: Es ist mollig warm, es gibt dieses Jahr sogar Heizpilze drinnen. Wow. Nachdem alle bekannten Gesichter begrĂŒsst sind, kĂ€mpfe ich mich zum Buffet durch, finde erstmal nichts, probiere dann den veganen KĂ€sekuchen und bin baff. Krass, der ist wirklich so lecker, wie von einigen Leuten auf fb geschrieben. Hmmm! Dazu etwas Tee, den Ilka organisiert hatte. Gerade als ich mich entspanne, leert sich der Tanzsaal schon, Ohje, schnell nochmal an den Busch, dann Ilka wiederfinden, hatte sie ziemlich stehen gelassen. Und dann voller Vorfreude zum Start. O nein, Markus redet schon. Uffa, nur ĂŒber Falschparker. Dann noch Verabschieden, etwas weiter vor zur Schranke, und schon gings los. Ich war unterwegs auf der BC. Ich. Wow.
Meinem grossen Vorsatz, nicht zu schnell anzugehen, kam ich mittelmĂ€ssig nach. Anfangs sehr locker, aber so ganz wollte ich nicht hinter dem Pulk hier bleiben, ausserdem wussten die nicht so ganz, wo man hier am wenigsten rutscht. OK, vielleicht sind sie auch nicht dreimal die letzte Woche hier langgelaufen. Etwas weiter vorne sah ich Ines und Lara. Da kann ich mich ja erstmal dranhĂ€ngen. Als es nach dem Kerstlingeröder Feld aber schwieriger mit dem Weg wurde, habe ich nur noch auf meine vorderfrau geachtet, die ziemlich gut die sichersten Tritte fand. Einfach hinterher. Mir wurde warm, ich zog im Laufen die Jacke aus und bĂ€ndselte sie an die Weste, mehr schlecht als recht. aber ich wollte keinen Reissverschluss hier im Dunklen aufmachen, da fĂ€llt ja mehr raus, als ich reinschiebe. Das muss bis Landolfshausen warten. Oben kurz vor der Abbruchkante zog dann der Hengstberg. Hausstrecken gehen einfach nicht langsam. Also habe ich meine Kleingruppe zurĂŒckgelassen, auf dem Weg bergab Lara und noch ein paar Leute ĂŒberholt, und nach kurzer Zeit zu Ines aufgeschlossen. Der Blick von oberhalb Mackenrodes war traumhaft. Das ganze Land erwacht. Klare Luft, ein dunkelorangener bis violetter Schimmer ĂŒber dem Horizont. Und ganz deutlich in unendlicher Ferne: Unser Ziel, der Brocken. Vor solchem Ausblick hatte ich Angst gehabt, dass es mich kleinmacht, den Weg als unmöglich lang erscheinen lĂ€sst. Aber ich war nur ergriffen. So schön. Und ja, da wollte ich hin. Aber das war jetzt egal, hier war es schön. Hier wollte ich gerade sein, und alles dazwischen wollte ich auch erleben. Der Brocken wĂŒrde schon noch frĂŒh genug kommen.
Wir schnackten eine geraume Weile, bis ich merkte, dass Ines’ Tempo einen Tick zu schnell war. Da war sie, die magische Schwelle. Wenn du das lĂ€nger machen willst, mach nen Schritt langsamer. Gesagt, getan, ich liess Ines ziehen, kurz vor Landolfshausen dann noch eine Pinkelpause und ab zum VP. Schnell die Jacke in die Weste, etwas Haferschnitte in den Mund, Tee in die Falttasse, und einen Riegel eingesteckt. Schoko. Uah! Das war ja FrĂŒchtetee! Sowas macht mir ohne Belastung schon Sodbrennen. Hab ich leider erst realisiert, als die Tasse schon leer war. Ohje, nicht weiter drĂŒber nachdenken. Den Anstieg habe ich gehenderweise noch ein StĂŒck Haferschnitte verdrĂŒckt und mit Wasser aus dem Schlauch runtergespĂŒlt. Das Gehen wurde mir zu langsam, hinter dem Wald wurde es verdĂ€chtig hell und ich bekam Sorge, den Sonnenaufgang zu verpassen. Ey, der war gebucht. Also flott durch den Wald um an der Warte Frank und Co zu treffen. Super Motivatoren! Der Himmel war himmlisch. Extra fĂŒr uns gab es ein zerfasertes Wolkenband, wo wir das gesamte Farbspiel des Sonnenaufgangs geboten bekamen. Wahnsinnig schön. Auch wenn der Rest der BC eklig werden sollte, egal, alleine hierfĂŒr hatte es sich gelohnt. Ăber dem Seeburger See hingen dann gelbe Nebelschleier, die wie angeleuchtete SeidentĂŒcher aussahen. Wahnsinn. Immer wieder Ausblick auf den Brocken. Lustigerweise bin ich geraume Zeit ein- zweihundert Meter hinter Ines hergelaufen. Keine Chance innerhalb meiner Möglichkeiten an sie ranzukommen, aber zurĂŒckgefallen bin ich auch nicht. Ulkig. Am Parkplatz des Seeburger Sees habe ich dann kurz auf die ZĂ€hne gebissen, und sie eingeholt. Bis zum Hellberg sind wir dann gemeinsam gelaufen, hinter RĂŒdeshausen gesellte sich noch Mike dazu. Das Unterhalten wurde knapper, aber die Gemeinsamkeit blieb. Echt schön!
Beim Vp in Rollshausen war ich klĂŒger und fragte nach der Art des Tees. Uffa, hier gabs KrĂ€utertee. Normalerweise rĂŒhre ich den nicht an, trinke nur GrĂŒntee, aber ich will nicht pienzig werden. Und im Vergleich zum FrĂŒchtetee, ist KrĂ€utertee perfekt. Dann noch was keksiges und weiter. Die Bundesstrasse habe ich als erster unserer Dreiergruppe passiert, in meiner Art: Das abbiegende Auto steht doch praktisch, da kann er mich auch noch durchlassen. Dann ging es den Hellberg hoch, und ich wunderte mich, warum da vorne schon Leute gingen. War doch ĂŒberhaupt nicht steil. Im Wald wurde der Weg immer mehr nach meinem Geschmack. Ăste lagen quer, Laub ĂŒberall, mal Trampelpfad, mal Fahrspuren. Interessant und abwechlsungsreich. Die Matsch-Downhillpassage habe ich dann so gut wie komplett gemieden und bin, hengstberglike, Schuss durchs Unterholz den Berg runter. Klasse. Das mag ich! Dabei bin ich an einigen Leute vorbei, die sich durch die UnimogverwĂŒstung quĂ€lten, oder sich etwas schwertaten sich den Abhang runterzustĂŒrzen. Unten fand ich mich dann neben Hanno wieder, der seine fĂŒnfte BC bestritt und wir tauschten Geschichten aus. Er ging den Weg zur Kapelle hoch, und obwohl es mich nicht zum Gehen drĂ€ngte, vertraute ich auf seine Erfahrung, und wollte auch seine Gesellschaft nicht so schnell aufgeben. Also gemĂŒtlich. Auf dem Weg nach RĂŒdeshausen merkte ich dann, dass er (und sein mittlerweile aufgelossener Kumpan Reinhard) in der Ebene auf Asphalt wieder den Tick schneller waren, als ich bereit war zu laufen. Also blieb ich mit Ulrike zurĂŒck, die wir kurz vorher eingesammelt hatten. Wieder ein schöne Unterhaltung. Klasse so ein ‘Rennen’. Mehr ein soziales Event. Und hupsa, 30km haben wir dabei auch schon zurĂŒckgelegt. War kaum was davon zu merken. OK, die Beine waren nicht mehr ganz locker, aber das wars auch schon.
An der Ruhmequelle gabs dann nur FrĂŒchtetee, ich versuchte Apfelsaft, etwas Haferschnitte, oder wars KĂ€sekuchen? Dann noch einen Riegel… Guarana? Das war doch dieses Aufputschzeug. Habs noch nie probiert, wird aber schon nicht so schlimm sein. Riegel einstecken, nochmal Becher fĂŒllen und weitergehen. Irgendwie hatte ich hier keine Ruhe. Als der Becher leer war, bin ich wieder gelaufen, war ja nicht steil, und habe schnell Hanno und Reinhard eingeholt, bald sogar ĂŒberholt. Meine StĂ€rke scheint bergauf zu liegen. Hatte ich schon geahnt, aber hier habe ich es deutlich gemerkt. Cool. Kurz darauf habe ich noch Ulrike wieder eingeholt, aber sie wollte langsamer machen als ich. Ausserdem schoss Sanna an uns vorbei und ich dachte, ich bleibe mal dran. Hat ja in RĂŒningen auch gut geklappt mit unserem Tempo. Aber Sanna hatte Zug, ich bin nicht mitgekommen, und dann wieder in konstantem Abstand zu ihr bis Barbis. Kein Rankommen, aber weiter abgeschlagen wurde ich auch nicht. Schon komisch. Bei dem Auf und Ab vor Barbis sind wir dann auch noch an ein paar Leuten vorbei, die gemĂŒtlich quatschten und spazierten. Langsam merkte ich was von den km. Es war schwer, nach Barbis reinzurollen. Bergablaufen stand nicht mehr hoch im Kurs bei mir. Die Strecke bin ich blind hinter Sanna her, sie musste den Weg ja wissen, bis sie mir kurz vor dem Abzweig zur DreymannsmĂŒhle aus einer Seitenstrasse mit einem lauten ‘Scheisse!’ entgegen kam, falsche AbkĂŒrzung, und ich war vorne :-
In Barbis hatte ich erstmals Ruhe an einem VP. Das war schön. BrĂŒhe! Himmel! KĂ€sekuchen, klasse! Guarana Cola? Egal, Zucker! Dann nochmal die Trinkblase gefĂŒllt, so gut es eben ging, ohne die Klamotten aus der Weste zu nehmen. Ein Blick in meinen linken Schuh, der Socken sass normal, dann muss mein kleiner Zeh eben damit leben, dass sich ne Blase entwickelt. Oder schon da war, egal, es war aushaltbar. Als Hanno neben mir auf der Bank seinen Rucksack aufsetzte mit den Worten ‘Jetzt kaufen wir uns ein paar Rookies’ hatte ich einen Anflug von Kampfgeist und mit einem ‘Aber mich kriegt ihr nicht’ gings los. Ich sollte recht behalten, wir sahen uns noch die nĂ€chsten zwei VPs, aber ĂŒberholt haben sie mich nicht đ
Im Anstieg zur Bundesstrasse kam ich mal wieder an Ulrike vorbei, die irgendwie viel schneller mit dem Essen war als ich. Dann auf dem freien StĂŒck bis zum Harzwaldrand ĂŒberholte ich (u.a.) Christoph und Stulle, die eigentlich viel erfahrener und professioneller aussahen, als ich mich selber einschĂ€tze. Die tĂ€nzelten so ĂŒber das langsam dichter und unebener werdende Eis. Achso. Das hatte ich zu Hause ja die letzten Wochen auch zur GenĂŒge geĂŒbt. Also, hops hops, dran vorbei. Ne zeitlang hörte ich noch ein Schnaufen hinter mir, aber als ich mich im Wald dann mal umdrehte, war weit und breit niemand zu sehen. Der Schnee wurde dichter, und zum Teil auch rutschig. Soll ich die Yaktrax rausholen? Nö, ist doch immer ne Stelle griffig. Also froh voran. Dies soll der Entsafter sein? Achnee, das Steinaer Tal kommt ja erst noch.
An einer Abzweigung traf ich Conny, die die Schneeketten aufzog. Au weiha. Soll ich nicht auch? Erstmal weiter. Ich werde mich dann nachher Ă€rgern, wenn sie an mir vorbeizieht. Aber Anhalten hatte gerade null Reiz. Nach vielen vielen Kurven am Hang kam endlich die Wasserscheide. Was ein erhabenes GefĂŒhl. Ausserdem lag der Weg ins Tal in der Sonne, der Untergrund war schön, mir gings gut. Schnell einen Bissen vom Guarana-Riegel, etwas Wasser hinterher. Und auf in den Kampf. Aber der kam nicht. Na, wird schon irgendwann anziehen. Tat es nicht. Komisch. In meinem beharrlichen aber langsamen Tempo tippelte ich mich also das Steinaer Tal hoch. Vor mir konnte ich auf lĂ€ngeren Geraden andere LĂ€ufer ausmachen, aber der Abstand hielt. Kurze Bestandsaufnahme, es tat nichts wirklich weh, es war nichts wirklich entkrĂ€ftet, und auf der Uhr standen schon 50km. Was? Normalerweise habe ich bei TrainingslĂ€ufen ĂŒber 35km immer extreme HĂ€nger zum Ende hin. Kein bisschen davon in Sicht. Stattdessen ein enorme Ruhe, ein Fuss vor den anderen, immer weiter, nicht aufhören. Warum auch? Als die HĂ€nge flacher wurden, und das Tal die Linkskurve einlĂ€utete, die den baldigen VP am Jagdkopf ankĂŒndigte, habe ich doch noch einen der beiden Menschen vor mir ĂŒberholt. Dem gings gerade nicht so gut. Nach dem VP ist er aber wieder von dannen geprescht. Die Crew vom Jagdkopf war klasse (wie auch die Crews davor, aber da war ich noch nicht offen genug dafĂŒr), hier wollte ich mich aufhalten. GemĂŒtlich, umsorgt. BrĂŒhe! Mit extra-Salz. Ja! salzige Kekse? Tolle Idee, aber zu trocken fĂŒr mich. HĂ€tte sie stippen sollen, aber darauf kam ich nicht. also noch einen Riegel einstecken, tschĂŒss sagen, und mal schauen was Entsafter II bringt.
Ich war geschockt. Auf sowas sollen wir jetzt laufen? Wie viele km noch? Das wird nichts. Der sulzige Schnee gab nach, rutschte hin und her. Ich bekam keinen Abdruck hin, und bin ein ums andere mal ĂŒber mein eigenes Bein gestolpert. Irgendwann kam ich aber auch hier in meinen Trott. Nur noch etwas langsamer als vorher, aber das Rezept war ja klar: linker Fuss vor, rechter Fuss vor. Nach lĂ€ngerem Gerutsche (und einem umgestĂŒrtzen Baum unter dem wir und auch die LanglĂ€ufer durchmussten, schick, ne Abwechslung!) dann der Blick auf die Odertalsperre. Zum ersten Mal bin ich ergriffen stehen geblieben. So schön. Welche Freude hier sein zu können. Mit dem ganzen Weg hierher im GepĂ€ck. Traumhaft!
Weiter ging es, auf und ab, hin und her, immer weiter. Ich trabte voran, und war ĂŒber jedes BC-Schild sehr froh, war ich doch komplett alleine. Manchmal tauchte Enrico am Horizont auf, nur um spĂ€ter wieder zu verschwinden. Nach Barbis wusste ich, dass das nicht heissen muss dass ich richtig bin đ Ab und an schaute ich auf meine Uhr, in der Hoffnung, dass die bald mal auf 65km springt, 2km lag sie schon daneben als ich in Barbis war. Tat sie nicht so schnell. Die Wanderbeschilderung machte mir aber Mut. Belastbare km-Angaben, und sie wurden kleiner. Kurz vor der Lausebuche ging die Loipe zur Seite weg, und es ging einen Trampelpfad im ehemaligen Tiefschnee zum Parkplatz. Leider war der Schnee aber komplett hartgefroren, tiefste und unmöglich verteilte Fusstapfen machten Laufen oder Gehen komplett zum Höllenritt. Ich sah mich schon mit gebrochenem Knöchel im Saniwagen. Nicht hier, nicht jetzt. Mach vorsichtig. Auf die fĂŒnf Minuten kommts nicht an. Nach einer gefĂŒhlten Ewigkeit und mehr Schwitzen als im kompletten Entsafter war ich dann endlich an der Schranke. BegrĂŒsst von Moni mit den Worten ‘Ach du bist dieser Hecke’. Hihi, sowas baut mich auf. Ab zum Trinken. Mittlerweile war ich geĂŒbt: Erst zwei Becher Cola mit Tee, dann BrĂŒhe mit extra-Salz, in der Zeit nach Essen umschauen. Brownies! Schade, die vegane Variante schmeckt mir doch nicht so gut wie das Original, aber wer weiss, was Eier und Butter mit meinem Magen gemacht hĂ€tten. Dann nochmal ColaTee, einmal den Morton-Stretch (hĂ€tte ich schon eher machen sollen) und weiter hin zu den zwei Varianten nach Königskrug.
Wie nach jedem VP bin ich die ersten Meter gegangen, und hier hatte ich zum ersten Mal das RĂŒningen-Feeling beim Lostraben. Es fiel mir nicht leicht, und es tat ordentlich weh. Ging aber (wie gewohnt) nach wenigen Schritten vorĂŒber. Als ich die AbkĂŒrzung sah, musste ich lachen. Durch den Tiefschnee? Nein Danke! Vor allem war auf dem lĂ€ngeren Weg teilweise der Schnee weg. Endlich wieder Griff mit den FĂŒssen. Jippiee! Hier begann dann auch wieder ein Streckenabschnitt, den ich gut im Kopf hatte (von der Karte, habe lange versucht den Weg auswendig zu lernen) um Braunlage herum, und dann geradewegs an der Bundesstrasse lang. Hm, das war eigentlich schnurgerade. Nunja, das schnurgerade StĂŒck kam spĂ€ter, was mich etwas enttĂ€uschte, aber der Weg nach Königskrug war so kurz, dass das nicht gross ins Gewicht fiel. Hier hatte ich die gesamte Zeit Andre vor mir, der eine miese Phase hatte. Wenn er lief, war er deutlich schneller als ich. Aber er lief kaum. Musste sehr viel gehen. Er tat mir schon leid, obwohl ich ihn auch gut als Motivation gebrauchen konnte. Immer hinterher, er in Intervallen, ich kontinuierlich langsam.
Kurz vor Königskrug wurde ich wieder von zwei Supportern freudig und begeistert begrĂŒsst. Klasse! Aber sagt mal, standet ihr nicht bislang vor jedem VP? Ausser dem Jagdkopf, natĂŒrlich. Krass. Das ist echter Einsatz. Und dann feuert ihr nicht nur euren LĂ€ufer an, sondern auch Wildfremde wie mich? Ich bin ziemlich beeindruckt, und merke, wie viel Kraft mir das bringt. Danke! Danach der Schock in Königskrug: Menschen. Ieks. Das hatte ich jetzt ja ne Weile so gut wie gar nicht. Der Fussweg bei den Windbeuteln war fĂŒr mich erst nicht zu erkennen, danach entschied ich, dass er eh zu verstopft zum Laufen war, und habe die Gesellschaft der Autos vorgezogen. Aber Hallo! Muss man denn mit 70 Sachen an einem LĂ€ufer vorbei? Mit einem halben Meter Abstand? Hier wo eh ne Mitteninsel ist, und augenscheinlich jede Menge Fussvolk unterwegs ist? Ich bin kurz davor noch weiter auf die Fahrbahn zu laufen, um die Autos zum Bremsen zu bewegen. Aber ein bisschen Restverstand halt mich am Rand. Vielleicht auch die grimmigen Blicke der Fahrer, in deren Revier ich hier unerlaubterweise eingedrungen bin. Endlich ne LĂŒcke im Verkehr, drĂŒben mehr Luft zwischen den Leuten mit dem ganzen Skizeugs ĂŒber den Schultern, und eine nette Person, die mir zu erkennen gibt, dass der VP hier gleich um die Ecke ist. Ich glaubs erst, als ich ihn wirklich sehen kann. Bin doch schon einigermassen verwirrt. Hier wird mir erstmals klar, dass der Lauf auch an meiner Psyche kratzt. Aber BrĂŒhe, ColaTee und vor allem Marens ĂŒbersprudelnde Begeisterung bringen mich wieder etwas auf den Boden der RealtitĂ€t. Andre, den ich vermeintlich gescheucht habe, ist auch hier, und wird sehr bemitleidet. Das scheint nicht normal zu sein, wie es ihm geht. Aber auch er tankt hier ordentlich auf, und lĂ€sst mich stehen. Noch schnell was zu essen, Maren wird gerade eh von einem interessierten Rentner okkupiert, nochmal den Becher voll und rein ins GetĂŒmmel.
Nachdem ich mir etwas Luft zu den ganzen gemeingefĂ€hrlichen Langlaufskiern auf Schultern geschaffen hatte, stellte ich fest, dass meine Langlauffertigkeiten doch nicht so unterste Schublade sind, wie ich immer gedacht habe. Meine GĂŒte, hier ist ne recht ordentliche Loipe, lasst Laufen Leute! Stattdessen machen viele entweder einen Schneepflug der mich ĂŒber die rechte Spur hĂŒpfen lĂ€sst, oder schnallen gleich ab und stakseln nach unten, die Skier immer schön quer ĂŒbern Weg auf Kopfhöhe. Jetzt keinen Unfall! Der richtige Weg ist schnell gefunden. Danke Aschu, der Tip war gut! Jetzt beginnt ein lĂ€ngeres Hoffen auf den langgezogenen Rechtsbogen, von wo aus es dann wieder runtergeht. Das hat gedauert. Lange. Es waren doch nur 4km zwischen den VPs, oder? Dann endlich, der Abzweig, mit Schild, ich war richtig. Uff. Ohne Nachzudenken warf ich mich die Loipe hinunter, halt, war da nicht gerade ein Weg abgegangen? Achja, das ist der Weg mit den BĂ€umen quer, wieder ein neuralgischer Punkt der im Briefing gut behandelt wurde. Dann kam auch schon der Rechtsknick der Loipe, und ich flog, Ă€h, eierte Richtung OderbrĂŒck. Hier war leider die Mitte zwischen den Wegen schon ziemlich von Fusskratern ĂŒbersĂ€ht. Sicher die vielen LanglĂ€ufer, die hier nicht runterfahren wollten. Laufen erforderte ziemliche Konzentration. Ausserdem waren viele LanglĂ€ufer unterwegs, von unten mit breitestem Stockeinsatz, Leute, die Dinger sind nicht dafĂŒr da, dass ihr nicht seitlich umfallt, sondern die geben euch Vortrieb! Nunja, wenn man sie neben den Ski steckt. Die Skifahrer von oben waren aber gefĂ€hrlicher. Irgendwann wĂŒrde mich mal einer in voller Gleitfahrt umholzen. Bislang aber, man ist ja vorsichtig, war ich schneller als die. Also, immer ein Auge auf die Stöcke von links, zwei auf die Löcher vor mir, und eins ĂŒber die Schulter, wann da mal jemand tatsĂ€chlich laufen lĂ€sst. Das unvermeidliche kam, gerade als ein Skifahrer vorbeiwollte, trete ich in ein Loch, und mache einen krĂ€ftigen Schritt auf seine Spur. GlĂŒcklicherweise scheine ich hier einen der wenigen FĂ€higen erwischt zu haben, hinter mir kratzt ein Schneepflug, jemand schreit ‘Achtung’, ich werfe mich wieder den Stöcken entgegen und er saust haarscharf an mir vorbei. Die Skier wieder beide in der Loipe und nicht als Sichel dort wo ich stand. Welch Schreck. Ich murmel noch ein ‘Oh, entschuldigung’, da ist er vorbei. Jetzt sind es nur noch 500m, ich sehe den VP, hin da!
Hier ist es wieder so urgemĂŒtlich. Sonne, sehr relaxte, aber dennoch eifrige Helfer am Stand, BrĂŒhCola, Ă€h nee, BrĂŒhe, TeeCola. toller selbstgebackener Kuchen, aber so richtig traue ich mich nicht. Als ich ankam durfte ich noch miterleben wie Silvio seine Pause beendet und sich schleunigst auf die Socken macht. Wie jetzt? Das ist er wirklich? Ich habe sein ASFM-Leibchen schon an einigen VPs (erstmals Lausebuche) verschwinden sehen, wenn ich ankam, war mir aber nie sicher. Aber so schnell bin ich doch nicht. Das muss wer anders sein. Nein, hier steht er vor mir, wĂŒnscht mir GlĂŒck und eilt dem Brocken entgegen. Hm, gehts ihm auch nicht gut? Andre ist kurz vor mir hier, macht aber schon wieder einen besseren Eindruck. Noch was essen, Becher voll, na das ist ja jetzt bekannt. Aufi! Etwas Angst habe ich schon davor, dass jetzt der Weg nach oben fast doppelt so lang ist, wie der Abstand von Königskrug nach OderbrĂŒck. Habe ich noch genug Wasser dabei? Egal, so schnell vertrockne ich nicht.
Hier scheinen die LanglĂ€ufer wieder etwas erfahrener zu sein, oder ich nicht mehr ganz so taumelnd. Es geht stetig weiter, wirklich nochmal etwas runter? Ohje! Aber dafĂŒr ist der Untergrund ziemlich klasse. Etwas uneben, aber fest. Dann kommt der dreieckige Pfahl und ich gehe den steilen Anstieg, stelle fest, dass das hier jetzt wohl die Rampe sein muss, und mache keine Laufversuche. Locker hochgehen, Scherze mit den Schlittenfahrern machen, Sonne auf dem Hintern geniessen. Auf die Brockenbahn freuen. Oben trabe ich los, nicht zuletzt weil ich mich sehr beobachtet fĂŒhlte, bleibe aber nach 20m wieder völlig gebannt stehen. Ein wahnsinns-Ausblick ĂŒber den Harz. Soooo schön! Traumhaft! Nach kurzer Zeit zieht es mich dann doch weiter. Der Schnee wird wieder sulziger, die Leute teilweise störender, zum Teil aber auch motivierend. Als die Bahn kommt, nehme ich mir vor, stehen zu bleiben und sie vorbeiziehen zu lassen, vergesse es dann aber doch, als sie da ist, und laufe in meinem langsamen Tempo weiter. Weiter und weiter. Jetzt muss die Brockenstrasse aber bald mal kommen. Und noch weiter. Zwischendurch ein ulkiger Anblick: Eine Horde junger Erwachsener, viel zu cool fĂŒr diese Welt, aber jeder hat einen Poporutscher in der Hand. Schön, dass sie sich das trauen! Und noch weiter. Und dann kommt endlich die Brockenstrasse. Jippie! freier Asphalt, unendlicher Grip. Nur leider steil wie nichts gutes, ich gehe bis um die Kurve, und laufe dann langsam wieder an. Die Kuppe ist flach, und zieht sich. Oh ja. Das tut sie. Aber stetig schiebe ich mich hoch. Der Gedanke, der mich schon seit der Lausebuche begleitet wird immer stĂ€rker: ‘Das geht hier viel zu schnell vorbei!’ Ich wĂŒrde den Moment gerne festhalten, das Erleben verlĂ€ngern, aber stehenbleiben? Das geht jetzt nicht mehr, ging vorhin auch schon nicht. Es ist wie es ist, der Weg wird irgendwann zu Ende sein, und ich werde ankommen. Dann wurde ich aus meinen Gedanken gerissen, da vorne gingen ja drei LĂ€ufer, Silvio erkannte ich, und nachdem ich langsam aufgeschlossen hatte, erkannte ich auch Frank, den ich in RĂŒningen kennengelernt hatte (und natĂŒrlich aus dem Film kannte). Jens kannte ich noch nicht, aber allesamt machten die drei auf mich den Eindruck, dass ich in der falschen Liga gelandet war. Wieso war ich so flott hier oben? Nachdem ich mich vergewissert hatte, dass die drei nicht auf den letzten Metern in einen wilden Sprint ausbrechen werden (O-Ton Frank: Wir haben noch sieben Minuten um unter 9:30 zu bleiben, wir gehen.), freundete ich mich mit dem Gedanken an, die etwas arg seltsame Vorgabe, auf jeden Fall laufend oben anzukommen, gegen meinen Wunsch, den Zieleinlauf mit jemandem zu teilen zu tauschen. Und nicht nur mit Jemandem. Es war fĂŒr mich eine grosse Ehre, und erfĂŒllte mich mit grossem Stolz (und Leute die mich kennen, wissen, dass ich mit dem Wort nicht leichtfertig bin), in dieser Vierergruppe zu finishen. Wahnsinn!
Nach dem Empfang gings dann zum Brockenstein, knutschen, den Stein natĂŒrlich, und Photosession. Am Ende noch ein Beweisphoto, dass ich nachher rumschicken wollte, an alle, die sich Sorgen machten, dass ich irgendwo auf der Strecke verende. Nach dem diese Punkte abgehakt waren, schoss mir die Schönheit des Moments durch Mark und Bein. Was ein Ausblick, klare Sicht in alle Richtungen. Ich war sehr gefesselt und habe mich erstmal auf die Holzbalken gesetzt und geschaut. Keine Ahnung wie lange. Zwischendurch habe ich mich noch unterhalten mit einem interessierten Brockentouristen, und immer wieder die Aussicht genossen, und den Himmel, und die Luft. Irgendwann setzte dann leichtes Zittern ein. Au weia. Das kannte ich. Nach langen LĂ€ufen (was heisst denn jetzt noch lang?) schlottere ich manchmal eine geraume Zeit vor mich hin, bis ich wieder auf Temperatur komme. Schnell rein. Aber wo ist das, rein? Herrje. GlĂŒcklicherweise bekomme ich am Ziel eine FĂŒhrerin, die eh gerade eine Liste zum Urkundenschreiben reinbringen will. Hm. Die TĂŒr hatte ich so nicht erkannt. Oben steigt mir erst der Essensgeruch in die Nase und in den Kopf. Oh. Lecker ja, aber der Magen warnt, dass ich das vorsichtig angehen lassen sollte. Ich bekomme meinen Beutel, werde beklatscht, und fĂŒhle mich enorm wohl. Bei Uwe und Silke finde ich Platz, wo ich meinen ganzen Hausrat ausbreiten kann, und mache mich nach kurzem Schnack mit den anderen Göttingern in der Ecke auf zum Duschen. Hm. drei Leute vor mir, aber immerhin ist die Heizung voll an. Aber so nackig hier rumstehen? Ich zittere mittlerweile ganz ordentlich. Dann fĂ€llt mir wieder ein: War ich nicht unzufrieden mit meinem Klogang heute frĂŒh? Wollte ich nicht irgendwann in die BĂŒsche? Irgendwie kam der Moment nicht, und mein Darm hat dann doch irgendwann die FlĂŒssigkeit zum Ausschwitzen geholt. Na, das hat ja gut geklappt. Aber jetzt setzte ich mich doch mal aufs Klo. Hinsetzen war eine Wohltat. Aufstehen weniger, und mit dem Papier hatte ich auch keinen Spass, weil ich mir unter meinem Fleece-Minirock den schwitzigen Hintern doch etwas wundgescheuert hatte. Manno. Das Bodyglide war in der Weste. Ich hĂ€tt es nur draufschmieren mĂŒssen. Nunja, jetzt muss ich da durch. Die Dusche war himmlisch, wenn auch recht kurz, es kam ein nicht enden wollender Strom an Nackideis, also flott wieder raus, und in die wohlverdienten warmen, trockenen Klamotten. Mit der dritten Schicht hörte auch langsam das Zittern auf.
NĂ€chster Punkt: Trinken. Zwei alkfreie Weizen und ne grosse Spezi. Wie? Ja, alles fĂŒr mich. Hinsetzen, Beine hoch und nach und nach rein damit. Das tat gut. Essen? Oha, dazu muss ich ja aufstehen. Kurz ĂŒberlege ich, ob ich Silke bitte, mir was zu holen. Aber ich reisse mich zusammen, und eiere vorsichtig Richtung Buffet. Hm, nichts was mich umhaut. Aber egal, es muss was rein, Tortellini mit KĂ€sesauce, ok. Oh, Suppe! Das ist klasse. Mit zwei ĂŒbervollen Tellern stakse ich unfallfrei wieder an meinen Platz. Die Suppe ist etwas scharf, tut aber enorm gut. Die Nudeln sind nicht mehr ganz warm, und mein Magen ist mit der KĂ€sesauce nicht ganz einverstanden. Pflichtbewusst pferche ich mir einen halben Teller rein, dann ist Sense. Mehr geht nicht. Na, wird schon reichen. Jetzt aber schnell in die dicke Jacke und ab nach draussen, bald geht die Sonne unter. Das war ja mein Obertraumziel, vom Brocken aus die Sonne untergehen sehen. Zugegebenermassen war mein Traum mit der untergehenden Sonne ins Ziel zu laufen. Dass ich nun dermassen viel frĂŒher hier oben war, ist der Hammer. Draussen dann eine gewisse EnttĂ€uschung: Ein dickes Wolkenband ĂŒber dem westlichen Horizont, genau darin versank gerade die Sonne. Ohne besonders hĂŒbsches Farbenspiel. Stattdessen gabs aber gute Stimmung im Ziel, wir (Silke und Uwe waren auch mit rausgekommen) stellten uns noch eine Weile dazu, applaudierten, nahmen LĂ€ufer in Empfang. Was fĂŒr ein Erlebnis so viel Freude, Erleichterung, Stolz, aber auch Schmerzen und Erschöpfung in den Gesichtern der Ankommenden zu sehen. Welche Strecke ich da vorhin zu Ende gebracht hatte ist in den Endorphinen etwas untergegangen. Hier konnte ich das nochmal Live miterleben. Eindrucksvoll! Als die KĂ€lte wieder in meine Knochen kroch, gings wieder rein, mit Leuten quatschen, noch was trinken, Sachen sortieren. Oh, die Entwarnungsemail schreiben, wie konnte ich das vergessen? Nunja, Leerlauf hatte ich vorher noch nicht gehabt.
Irgendwie kamen die meisten LĂ€ufer deutlich frĂŒher oben an, als gedacht, so dass die Busse von Schierke vorverlegt wurden. Eine erster Trupp zog los, aber da war schnell klar, dass die auch den ersten Bus fĂŒllen wĂŒrden. Also Entspannung, noch mehr quatschen, trinken, geniessen, beglĂŒckwĂŒnschen, Neukömmlinge beklatschen. Grossartig! Dank Aschus Info, dass ohne ihn und Markus der zweite Bus nicht losfĂ€hrt, war ich tiefenentspannt. Irgendwann wurde dann zum Aufbruch geblasen, ich warf mich in meine warmen Sachen und raus. Danke Brockenwirt! Draussen wieder mal ein Anblick, der mich umhaute: ein Lichtermeer unter uns, man konnte in Wernigerode Strassenlaternen zĂ€hlen. Auch die weiter entfernten StĂ€dte leuchteten deutlich. Wie erhaben! Da machte es kaum was, dass wir noch ein Weile warten mussten, bis geklĂ€rt war, dass Markus mit den letzten LĂ€ufern nachkommen wĂŒrde. Wie, die hatten kaum Zeit zu duschen? Geschweige denn Essen? Das ist aber nicht so schön. Das tat mir leid. Der Abstieg war dann schwieriger als gedacht. Erstmal musste ich mich ausziehen. Na klar, der Brockenbeutel war noch nicht auf die sommerlichen Temperaturen optimiert, und ich hatte ohne nachzudenken das angezogen, was ich mir vor drei Wochen ĂŒberlegt hatte… Dann war ich zu faul die Yaktrax rauszuholen, da waren ja die Jacken drauf. Meine Wanderschuhe waren zu eng. Vor allem im Zehenbereich. Zusammen mit meinem wunden Hintern habe ich so ein jĂ€mmerliches Bild abgegeben, dass Sanna sich weigerte mir meinem Rucksack nach kurz mal Halten wiederzugeben. Ohne Rucksack war es deutlich angenehmer. DafĂŒr musste ich mich mit meinem Selbstideal alles alleine zu machen auseinandersetzen. Mir kann doch nicht jemand anderes meine Sachen (die wirklich schwer waren) nach unten schleppen. Nunja, irgendwann musste Sanna in die BĂŒsche und ich hatte meinen Rucksack wieder, aber das war schon fast unten. Viel Zeit zu spĂŒren, wie sehr mir das gegen den Strich ging. Alleine machen! War ich drei? Vielleicht. Die Bobbahn machte Programm, und ich setzte mich zweimal auf völlig unschuldig aussehenden StĂŒcken auf den Hintern. GlĂŒcklicherweise aber mit Abfangen und ohne grösseren Schaden. Yaktrax? Wird sicher gleich besser. Wurde es nicht, aber irgendwann waren wir unten.
Im Cafe Winkler dann eine Eisschokolade und ab in den Bus. Danke fĂŒrs Pulli hinterhertragen, Aschu! Den hĂ€tte ich schmerzlich vermisst. Nach kurzer Fahrt durch den Ort hielten wir wieder an, und es stiegen noch drei Gestalten ein. Ui, die hatten versucht eine AbkĂŒrzung nach Schierke zu nehmen, und sind vom letzten Mann Markus ĂŒberholt worden. Ist ja gerade nochmal gut gegangen. Die RĂŒckfahrt verbrachte ich in einem DĂ€mmerzustand, mit kurzen Wortwechseln mit Yvonne neben mir, eine der drei Zugestiegenen. Ich versuchte, mich im Moment zu halten, wollte die LĂ€nge der Strecke nochmal Revue passieren lassen, aber der warme Bus, das Geschaukel und die SchlafsaalathmosphĂ€re taten ihren Teil. Und schwups waren wir auch schon wieder in bekannten Gefilden. Ich war kurz am Schwanken, ob ich mich an der KnochenmĂŒhle rauswerfen lassen sollte, aber zum einen hatte ich mir den Abstieg aus dem Wald vorher sehr schön ausgemalt, die KnochenmĂŒhle auch nicht soo viel nĂ€her (OK, es wĂ€re einer statt 2km gewesen, aber dafĂŒr bergauf!) und zum anderen ist die B27 an der KnochenmĂŒhle nicht der Ort, wo man mit einem Bus eben mal anhĂ€lt. Also noch eine Ehrenrunde durch Göttingen, und rauf zum Kehr. Ich bin als letzter gemĂŒtlich aus dem Bus gekrabbelt, und die meisten waren schon an ihren Autos, hatten sich versprengt. OK, keine grossen Abschiedsszenen. War ja auch schon spĂ€t. Also bin ich los, habe den dunklen Gestalten unterwegs noch alles Gute gewĂŒnscht, einen Menschen auf den rechten Weg gefĂŒhrt, er wollte zum Mittelberg und war drauf und dran die Bismarkstrasse runter zu gehen, und ich war wieder alleine. Im Wald. Mitten in der Nacht. Aber mitten in meinem Wald, und mitten in meiner Nacht. Was ist alles passiert, seit ich mit Ilka heute frĂŒh diesen Weg hochgestiefelt bin. Habe ich das erwartet? Nein. Es war um ein Vielfaches wunderbarer als ich es mir ertrĂ€umt hatte. Ich genoss meine letzten Schritte, den kleinen Trampelpfad an der Abbruchkante, das Ankommen ins verschlafene Herberhausen, die unendliche Freude ĂŒber diesen Wahnsinnstag.
Zu Hause brauchte ich noch eine Weile zum Runterkommen. War zu faul Tee zu kochen, essen wollte ich auch nichts, habe einen Liter Wasser getrunken, und bin um halb zwei ins Bett gefallen. Bis 10 Uhr habe ich dann versucht eine Liegeposition zu finden, wo meine Beine wenig schmerzten. Das kannte ich ja noch von RĂŒningen. Als ich irgendwann genug gelegen hatte und wieder in die Senkrechte kam, traf es mich: Kopfschmerzen. Weiha, wie der ĂŒbelste Kater. Mist. Wo war der Fehler? Ich habe doch gestern so vieles richtig gemacht? OK, zum Normalzustand fehlte eine Menge Teein in meinem Körper. Salz? Vielleicht. Also Tee trinken und Salz ins MĂŒsli. Zu viel Salz? SpĂ€testens als ich zum Mittag eine Dose gesalzene Cashews verdrĂŒckte und mein Mund ziemlich anschwoll kam mir der Verdacht. Also kein Salz mehr. Aber Trinken. Die eine Tasse Tee nach dem Mittag war das ĂŒbelste Zeug, was ich je im Mund hatte. Igitt. Aber meine Eltern, die mit den Kindern gerade eingetrudelt waren, meinten beide, der Tee wĂ€re in Ordnung. Oha, hier lief was richtig dolle schief. Mit jedem Schluck hatte ich das GefĂŒhl, dass entweder der Tee direkt in meine Zunge aufgesogen wird, oder andersrum diverse FlĂŒssigkeit aus der Zunge strömte. Augen zu und durch. Die zweite Tasse ging dann besser. Langsam beruhigte sich mein Mund. Die Lippen schwollen ab. Nur die Kopfschmerzen blieben. Bis Montag frĂŒh. Aufstehen, Kinder fertig machen? Kein Spass! Auf dem Weg zur Arbeit kam dann die Erlösung, der Fahrtwind pustete den Kopf frei, die gewohnte Struktur am Schreibtisch gab mir genug Sicherheit. Ich war wieder im Lot. Uffa. Ich bekam sogar Lust, Laufen zu gehen. Aber nein, heute noch nicht. Das sollte erst Dienstag abend klappen. Ich tastete mich vorsichtig aus dem Haus, machte ein paar Schritte, wurde schneller, trabte die Strasse entlang. Hey, das tut ja ĂŒberhaupt nicht weh! Sollte ich etwa…? Mal schauen, bis zur Mackenröder Spitze ging es fast besser als die Woche vor der BC. Also los, rĂŒber auf den Hengstberg. #11. Und gute Laune. Also die lange Runde zurĂŒck, mann ging das gut. Ich liess laufen, freute mich ĂŒber die geglĂŒckte Regeneration. Scheiss auf recovery runs, zwei Tage aussetzen war der SchlĂŒssel. Diesmal. Nach der Hecke Rampe (klar, wenn man hier Steigungen ĂŒbt, ist der Entsafter flach. Nur eben zehnmal so lang.) merkte ich doch dass ich am Wochenende was getan habe. Die HĂŒfte maulte. Genug der Eisrutscherei. Aber nein, bis hinters Kerstlingeröder Feld musste ich warten, bis es wieder eisfrei war. dann mal flott am Damwild vorbei nach Hause. Am Ende war ich froh, wieder zu Hause zu sein, aber hey, das waren 19k, in einer Zeit die ich mich vor ner Woche nicht getraut hĂ€tte. Cool!